NONONPOP hat sich inzwischen als Forum etabliert, viele Pläne für die Zukunft sind gemacht. Jetzt ist es an der Zeit auch die redaktionelle Seite auszubauen. NONONPOP wird ab jetzt circa alle 8 Wochen einen Forenrückblick präsentieren. Aus den vielfältigen Interessen, Funden und Obsessionen der Forennutzer entsteht so eine subjektive Auswahl mit dem Mut zur Lücke. Präsentiert und vorgestellt werden dieses Mal je maximal 3 Titel in den Rubriken: Neue Platten, Wiederveröffentlichungen, Bandcamp & Co., Lesestoff, Das bewegte Bild, Konzerttipps. Aktualität ist dabei zwar angestrebt, aber im Zeitalter des totalen Infozids einfach überhaupt kein letztgültiges Kriterium.
Neue Platten
PESTE NOIRE – L'Ordure à l'état Pur
„Ein auf ganzer Linie mitreißendes Black Metal-Machwerk mit Mut zum Blick über den Tellerrand.“ (boyd) „Machwerk“ – das markiert sehr gut das Collagierte, Montierte an der neuen Platte des französischen Black Metal -Projekts PESTE NOIRE.
Louis-Ferdinand Céline im Jewelcase |
PAUL ROLAND – Grimm
„I will return to nevermore, I must go back to nevermore…“ : Grimms Märchen bieten nicht nur Material für schlechte, neopuritanische Comics im High-Heels-Look und amerikanische Blockbuster-Movies. Auch der britische Musiker PAUL ROLAND greift auf seinem neu erschienen Album "Grimm" Geschichten und Märchen auf, die vom gleichnamigen Brüderpaar zusammengetragen und –gestellt wurden. Mit Freud und Poe geht es auf eine Reise durch die deutsche Märchenwelt, deren illustratives Pendant – die Zeichnungen Arthur Rackhams – denn auch das Artwork der Platte verzaubert. Genauso lieblich, verschroben, verführerisch und manchmal abgründig wie dessen Zeichnungen sind die von Rolands akustischem Gitarrenspiel und seiner eigentümlichen Stimme getragenen Songs. Unterstützt wird er dabei von den Stimmen seiner beiden Söhne Michael und Joshua, die immer wieder um neue Geschichten bitten sowie der stimmlich perfekt zum Material passenden Sängerin Rosie Eade. Wer mit "A Cabinet of Curiosities oder Happy Families" viel anfangen konnte, beide Minialben vielleicht sogar zu den gelungensten der Rolandschen Diskographie zählt, sollte hier keinen Fehlgriff befürchten und dem Album eine Chance geben. Zwar fehlt natürlich die barocke Instrumentierung und die Songs sind weniger quirlig ausgefallen, doch hat Roland die Atmosphären wunderbar gestaltet, dem Material eine oftmals schwebende Stimmung gegeben und eben jenen Tonfall getroffen der der Erinnerung an Märchen eigen ist. Für 13 Euro inkl. Versand kann "Grimm" bei Syborgmusic bestellt werden.
SOL INVICTUS – The cruelest Month
Nach Ewigkeiten ein Album von SOL INVICTUS. Und obwohl einzelne Songs wie "Bad Luck Bird" bereits bekannt waren, überraschen die dreizehn Nummern: SOL INVICTUS haben das Dissonante für sich entdeckt, eine perkussive und melodische Wucht, die sich dank eines außergewöhnlichen Mixings nie in eine Wall of Sound verwandelt, sondern die einzelnen Momente auseinander treten und doch zusammen klingen lässt. Was die einen kritisieren, stellt unserer Meinung nach das große Kapital des Albums dar. Nie wird "The cruelest Month" monumental oder pathetisch, sondern es bleibt melodiös, dissonant und fragil. Neben Wakeford, der als Sänger immer differenzierter zu werden scheint, setzt dabei Andrew King mit einigen längeren Traditionals wesentliche Akzente auf dem Album und sorgt für stimmliche Abwechslung. Es scheint, als ob Wakeford die Erfahrung, die er mit der Produktion des letzten ORCHESTRA NOIR Albums "What if…" machte nun auch für SOL INVICTUS produktiv werden lässt. Eine gute Wahl, stellt "What if…" doch eines der Highlights des letzten Jahres dar.
"The cruelest Month" ist jedenfalls das beste und überzeugendste Album aus dem Umkreis der alten World Serpent Familie. Still und heimlich hat sich der klang- und songwritingtechnisch von seinen Weggefährten vielleicht konservativste Wakeford zum innovativsten und produktivsten des alten Triumvirats entwickelt .
Wer an elektronischeren Klängen Interesse hat, möchte vielleicht dem Projekt OWLS mit Wakeford, Bernocchi und Fornasari ein Ohr leihen: OWLS bei Facebook
Wiederveröffentlichungs-Special
VA – I don’t feel at home in this world anymore
Besondere Aufmerksamkeit möchten wir an dieser Stelle auf die schon länger erschienene phantastische Kompilation "I don’t feel at home in this world evermore" richten. Während durch die Globalisierung verängstigte Mittelschichten auf ideologische wie materielle Besitzstandwahrung zielen, haben sich Missisippi Records mit der Herausgabe dieses Samplers um die Geschichte der Diaspora, der Migranten und Immigranten verdient gemacht.
Lars: „antike Migranten-Musik neben der Spur - herzzerreißend ...“
Im Zwischenraum der Immigrantenkultur entstanden noch heute beeindruckende Aufnahmen, Dokumente des Nicht- oder Noch-Nicht-Angekommen-Seins in der neuen Welt. Wo die politische Wirklichkeit Grenzen setzt, erfindet das Sentiment Zonen der Sehnsucht, der Trauer, der Nostalgie. "I don’t feeld at home in this world anymore" macht diese Lieder wieder einem breiteren Publikum zugänglich. Eine Zeitreise mit Spuren bis in die Gegenwart.
Weiterführende Links: Viceland
Andere Wiederveröffentlichungen
DEATH IN JUNE: Nada Plus!
In Abwesenheit neuer Ideen bringt Douglas P. mal wieder eine Platte aus dem Backkatalog neu heraus. Diesmal an der Reihe: Nada! Zugegebenermaßen ein Klassiker, denn zu Nada!-Zeiten waren DEATH IN JUNE noch keine langweilige Neofolkband, sondern verbanden ihren Postpunk-Sound mit tanzbaren Dancefloor-Rhythmen. Ein heterogenes und gerade aus seiner Heterogenität Energie schöpfendes Album, jetzt neu zugänglich gemacht.
„Die Aufmachung ist wirklich schön: Klappcover, Prägedruck, schönes Artwork, ein paar Bonustracks. Die limitierte blaue Version ist dann noch in so einer Art silberner Plastikfolie eingeschweißt, die man extra aufschneiden muss, um an die Platte ranzukommen.“ (elling)
Für Vinyl-Liebhaber bleibt jedoch ein Wermutstropfen: „die Pressung (zumindest meine Kopie auf Blauem Vinyl) ist so dermaßen unter aller Sau...“ (elling again).
Weiterführende Links: DEATH IN JUNE
TELLUS
Nicht unbedingt eine Wiederveröffentlichung im klassischen Sinne, aber dennoch: TELLUS war ein von 1983 bis 1993 existierendes Kassetten-Magazin für experimentelle Klangkunst. Jede Ausgabe widmete sich einem anderen Schwerpunkt.
Doch nicht nur High Brow Culture spielte eine Rolle, TELLUS-Ausgabe 13 widmete sich (seltsam genug) den Themen Power Electronics und Industrial. Teilnehmer waren u.a. MERZBOW, BLACKHOUSE, CONTROLLED BLEEDING, COUP DE GRÂCE und LE SYNDICAT.
Die inzwischen natürlich komplett vergriffenen TELLUS-Ausgaben sind inzwischen sämtlich auf UBU als Downloads verfügbar. TELLUS lädt auch noch im Jahr 2011 zu vielfältigen und überraschenden Entdeckungsreisen ein.
Weiterführende Links: Tellus Audio Cassette Magazine
Bandcamp & Co.
MIND OVER MIRRORS
MIND OVER MIRRORS ragen aus den auf Bandcamp sich tonnenweise befindenden Bergen an öder und düdeliger Ambientmusik heraus. Nur auf einem Harmonium basierend, sind ihre Songs ein Anspieltipp für alle Fans von CURRENT 93s "Sleep has his house"-Album. Digitalisrecordings
RICHARD SKELTON – The complete landings
Noch einmal Ambient, vielschichtige Drones. Track 1 ist ein sich langsam steigender, epischer 40 Minuten Wälzer mit metallischer Background-Perkussion und Nebelhornsound. Auch die restlichen Nummern halten durchgängig das hohe Niveau von Sounddesign und Dramaturgie, manchmal an gute ECM Platten erinnernd.
Aeolian
MAZAKON TACTICS – Live
Live-Aufnahme des deutschen Death Industrial und Power Electronics Projekts MAZAKON TACTICS. “The artists played in an abandoned factory, later about 150 - 200 guests were there.” Vocals, Song-Dramaturgie und Sound stechen aus dem Durchschnitts-Krach einer oft langweiligen Szene durch Vehemenz und Differenziertheit heraus. Der Live-Mitschnitt ist ein offenes Ohr wert.
Chindogu
Lesestoff
Special Interests # 6
Mikko Aspa gilt einigen im Forum als Mann der Stunde. Wenn der Herr nicht gerade in mehreren, inhaltlich oft mehr als zweifelhaften Black Metal und Industrial/Power Electronics-Formationen aktiv ist, stemmt er nebenher einen Mailorder, mehrere Plattenlabels und betreibt das Zine Special Interests inkl. angeschlossenen Forum. In die dreckigen Fußspuren des Vorgängerheftes FREAK ANIMAL getreten, hat sich das Heft über die ersten 5 Nummern massiv entwickelt und bietet von Leif Eldgren bis hin zu Taint und Co. einen singulären Zugang zu unter-schiedlichen Formen „extremer“ elektronischer Musik mit eigenem Stil und eigener Haltung. Nummer 6 legt nun nochmal an Umfang zu, der dann auch gleich inhaltlich genutzt wird: so interviewt Aspa die belgischen Öko-Anarchisten Militia zu ihrer kompletten Diskographie, Boyd Rice kommt in einem Telefongespräch zu Wort und GX Jupitter-Larsen (THE HATERS) steuert einen Kassetten-Artikel bei.
Special Interests
The Slayer Mag Diaries
Coffeetable-Culture für Schwarzmetaller und Nononpopper: ein persönlicher und zugleich historischer Rückblick auf 25 Jahre Metallerdasein. Dabei hat Slayer-Harausgeber Metallion nicht nur die Entwicklung von Thrash Metal, Death Metal und Black Metal als aufmerksamer Beobachter und Fan begleitet, er hat die Explosion des Norwegischen Black Metal als nächster Zeuge, Wegbegleiter von MAYHEM, BURZUM etc. miterlebt und in seinem Heft reflektiert. Inkl. „Linernotes“ des Herausgebers und vielen, vielen Slayer-Mag Faksimiles, stellt The Slayer Mag Diaries eine Liebeserklärung an und auch einen Abschied vom metallischen Untergrund dar. Angesichts des massiven, 700+ Seiten umfassenden Bandes im perfekt designten Hardcover stellt dabei der Preis von circa 25 Euro einen Witz dar. Interviewtechniken und Layout bieten mal einen Rückblick in pubertäre Magnifizienz, mal Einblick in fortgeschrittene Könnerschaft. Essentiell und oft auch berührend. Oder mit Metallion gesagt: HELL YEZZZZZZ!
Das bewegte Bild
Iconoclast
Larry Wessels longgoing project DER ultimativen Boyd Rice Dokumentation hat ihren Abschluss gefunden und die Community hat es mit Zustimmung quittiert. „Mal ganz privat auf dem heimischen Sofa oder beim Schnupftabak-Kauf. […] Dürfte schwierig werden noch ein Exemplar der Box zu ergattern, aber es lohnt.“ (boyd) Was "Mr. Total War" so treibt wenn er nicht gerade Platten aufnimmt, Bilder malt oder Bücher schreibt, zeigt die 4 stündige DVD in allem Glanz und aller Glorie.
Mario Bava - Maestro of the Macabre
Beim Stichwort (haha) Giallo denkt normalerweise jeder an Dario Argento. Die Dokumentation „Mario Bava – Maestro oft he Macabre“ aus dem Jahr 2000 bringt dem interessierten Cineasten einen anderen italienischen Meisterschlitzer nahe. Horizonterweiterung in Sachen Kino.
People Who Do Noise
Eigentlich ein selbsterklärender Titel: Interviews und live Material mit Aktivisten der Noiseszene Portlands. U.a. von Smegma, Daniel Menche Oscillating Innards und vielen anderen. Reinschauen lohnt sich allemal.
Konzertankündigungen
BLOOD AXIS
Für viele, denen der "SiA" lieb und teuer geworden ist, sicher ein Highlight: BLOOD AXIS geben gemeinsam mit ANDREW KING und BARDITUS am 20.08.2011 ihr einziges Deutschlandkonzert im Rahmen einer kurzen Tour. Ein bisschen müde Diskussionen gab es im Vorfeld auch. Theaterfabrik Leipzig
Tower Transmissions I
Am 17. September präsentiert Tower Transmissions in Dresden zum ersten Mal in Deutschland die kultige britische Power Electronics Formation RAMLEH sowie nach langer Zeit wieder einmal Philip Best mit seinem Projekt CONSUMER ELECTRONICS. Eine Handvoll weiterer Gruppen rundet das Programm ab.
Tower Transmissions
BURIAL HEX, Sudden Infant
Die Necro-Ambient Vorkämpfer BURIAL HEX spielen mit den geistig immer ein wenig verworren wirkenden Sudden Infant am 3. November im Neukölner NK. Mehr Infos zu NK hier.
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