Freitag, 29. Juni 2012

Atzmann Zoubar - Aut Sperma In Terram Effundit

Bereits vor ca. einem halben Jahr erschien auf dem Label Binturong das Album "Aut Sperma In Terram Effundit" des in Hessen ansässigen Projektes ATZMANN ZOUBAR.
Das Album bietet knapp 50 Minuten Musik, welche grob mit Begriffen wie Industrial, Ritual oder auch (Dark-)Ambient umrissen werden kann. Allerdings will kein Versuch so recht gelingen das Projekt in eine bestimmte Schublade zu stecken, und das ist auch gut so!
Höchst eigenständig und immer mit einer gewissen Kauzigkeit versehen, die z.B. auch Gruppen wie WALDTEUFEL oder ELLI RIEHL anhaftet, dreht sich thematisch auf dem Album alles um die von Mythen umrankte Zauberpflanze Alraune, die wie die Tollkirsche oder auch das Bilsenkraut der Gruppe der Nachtschattengewächse angehört und die unter anderem im Mittelalter ihre Verwendung in sogenannten Hexensalben fand.

Das Album ist nun kürzlich in einer auf 50 Stück limitierten und handnummerierten Box erschienen und beinhaltet neben einer signierten CD

- ein Bonus Tape (c60) mit drei exklusiven Tracks
- drei Postkarten mit Alraunen-Motiven
- T-Shirt
- Poster
- Aufkleber
- drei Buttons
- Fläschchen mit Alraunenwurzel und schwarzem Hundehaar (*)

(*) von einem Verzehr des Inhaltes raten wir an dieser Stelle entschieden ab!

Bestellt werden kann die Box über die Website von ATZMANN ZOUBAR und sie kostet 37,50 Euro (exkl. Porto).







Sonntag, 17. Juni 2012

JACK OR JIVE - Tenshou

Der nächste Winter kommt bestimmt ...

Die ideale Musik für die Herbst- und Winterzeit veröffentlichte unlängst die japanische Gruppe
JACK OR JIVE auf deren letzten CD "Tenshou", welche vergangenen November auf dem Label Ultra-Mail Prod. veröffentlicht wurde.
Das knapp 62 minütige Album nimmt einen mit auf eine Reise für die immer dunkler werdenden Tage. Besinnlich, verträumt und mitunter melancholisch, aber nie verzweifelt oder gar
hoffnungslos. Die Musik lebt hauptsächlich von der eindringlichen und schönen Stimme der
Sängerin Chako. Ruhige und nahezu zerbrechlich wirkende Passagen stellen den größten Teil des Albums dar und es scheint, als ob die Stimme in der Luft schweben würde. Daher ist es auch keine Überraschung, dass das Paar schon Musik für eine Oper (Opera - Legend Of Biwako von 2000) sowie für diverse Modeausstellungen geschrieben hat.
Da sich musikalisch ein roter Faden durch die 61 Minuten zieht, könnte man die neun Lieder dieser CD auch als ein einziges, langes Lied betrachten. Alles wirkt wie aus einem Guss, wie langsam fließendes Wasser. Man bekommt die Übergänge der Lieder kaum mit. Die CD schließt mit einem 18 minütigem Stück Namens "Seiryu". Dies ist der Name für die Sternenkonstellation des Blauen Drachens in der chinesischen Astrologie, welche dort den Osten und den Frühling repräsentiert. JACK OR JIVE schreckten in der Vergangenheit schon nicht vor ernsteren Themen zurück.
So war das Album "Kenka" aus dem Jahr 1995 den Opfern eines Erdbebens in Japan geschuldet, bei dem mehr als 5000 Menschen ums Leben kamen. Auch auf dieser CD findet man Thematiken, die zum Nachdenken und Umsehen einladen, wie z.B. gleich beim ersten Stück "The Girls Of Shiraume". Im Booklet wird auch erläutert, worum es in diesem Lied geht: "In the World War II, Shiraume student nursing corps was formed to nurse the wounded Japanese soldiers in Okinawa. the girls of the corps were 15 or 16 years old. They were trapped in a dire situation by American soldiers and died. Some of them killed themselves. Chako visited the memorial monument of Shiraume to devote her prayer to the girls who died. And sung this song in the dugout where they suicided." Die Digi CD mit silbernen Prägedruck kann man direkt bei Ultra-Mail Prod. in Hong Kong bestellen und es sich dann mit einem Glas Glühwein vor dem Kamin gemütlich machen, während draußen der Winter kalt durch unsere Lande zieht.


Sonntag, 8. April 2012

the name is BURROUGHS − Expanded Media

Das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe zeigt bis zum 12.08.2012 die Ausstellung the name is BURROUGHS − Expanded Media. 
Nachfolgend die Presseinfo:

Die Ausstellung »the name is BURROUGHS − Expanded Media« (24.03.–12.08.2012) im ZKM | Museum für Neue Kunst stellt erstmals in Deutschland das künstlerische, multimediale und vielgestaltige Schaffen des Autors William S. Burroughs vor. Sie untersucht damit die vielfältigen Verbindungen zwischen literarischer und experimentell-bildnerischer Produktion und erweitert das Bild zusätzlich durch die Präsentation der »Collaborations«, die Burroughs zusammen mit anderen KünstlerInnen geschaffen hat.
Ziel der Ausstellung ist es in der Rückschau die visionäre Explosivität des literarischen Schaffens von William S. Burroughs erfahrbar zu machen und ihn als Pionier der Medienkunst zu zeigen, dessen Oeuvre Experimente mit Tonband, Film und Fotografie, ebenso umfasst wie Malerei und Collagen. 




Dienstag, 6. Dezember 2011

VERSETS NOIR Special, VORDR & GANDR

  ILDJARNs Erben in Finnland gesichtet

VORDR - "Vordrd" 7", VERSETS NOIRS

Bei fast jeder dritten Black Metal Krachtruppe bekommt man einige Schlagwörter serviert. "Primitiv" ist so eines dieser immer wiederkehrenden Schlagwörter. Aber was bedeutet das in dem Ozean musikalischer Ergüsse schon? In Norwegen hat sich Anfang der 90er Jahre inmitten der aufbrausenden Black Metal Szene ein Musiker daran gemacht, diesem Wort auch eine musikalische Ausdruckform im Black Metal zu geben: ILDJARN
Die Musik wurde gemeinhin als Lärm bezeichnet und zeichnet sich durch Fehlen jeglicher musikalischer Feinfühligkeit aus, welche Gruppen wie EMPEROR erst groß gemacht haben. Wo MARDUK 1999 bei dem Album "Panzer Division Marduk" sich mit Superlativen überschlugen, war dieser Zug 1995 mit dem selbstbetitelten Album "Ildjarn" schon lange abgeschlossen.
Die finnische Gruppe VORDR (der Sänger Gandr hat noch zwei Soloscheiben in Richtung Ildjarnischer Musik) hat diese Art der Musik aufgegriffen und verfeinert. Bessere Soundqualität, spielfreudiger und etwas abwechslungsreicher als das Vorbild aus Norwegen. Aber genauso intensiv und primitiv. Ebenso wie der Herr Vidar von Ildjarn, haben die Finnen einen eigenen Humor, eine eigene Darstellung der Welt. Wer schon immer einmal die CRADLE OF FILTH-Hörer von nebenan wirklich Ärgern wollte, Vordr hat eine ganze Reihe prächtiger Möglichkeiten geschaffen, genau dieses zu tun!
Die 7" hat drei Stücke, die für diese Veröffentlichung exklusiv sind.

GANDR - "Yöllisen Ylistys" CD GANDR - "Talvitunnelmia" CD 

In einer deutschen Black Metal Zeitschrift wurde mal über ILDJARN geschrieben, die Musik sei für alle, denen DARKTHRONE zu melodiös ist. Dies hat sich scheinbar jemand in Finnland zu Herzen genommen. Ist nicht nur Vordr, die Hauptgruppe des Sängers Gandr, eine Art Hommage an den Trümmerbarden aus Norwegen, auf den Solo Ergüßen scheint es sich um eine direkte Fortsetzung solcher melodiösen Meisterwerke wie "Forest Poetry" zu handeln. 

Im Gegensatz zu VORDR klingt GANDR direkt nach ILDJARN: Der Bass wummert aus den Boxen, die Gitarren in den Hintergrund gemischt, ein Schlagzeug, was wie eine defekte Sprinkleranlage klingt und Gesang, wo der kleine Pudel aus dem Treppenhaus fällt [wtf?]. Dazu stellt sich ein angenehmer AC/DC-Effekt ein, kennt man ein Lied, so scheint es als ob man alle anderen auch kennt. Bei VORDR hingegen ist die Gitarre eher im Vordergrund und es ist nicht ganz so chaotisch. Wolltet Ihr schon immer mal eine Party sprengen, die Kinder von nebenan übertönen oder den Baustellenarbeitern vor eurem Fenster zeigen, was richtig guter Krach ist? 
Bisher sind zwei Vollalben bei Versets Noirs, sowie zwei Split Tapes erschienen. Das Tape mit FOREST GRAVE ist in Eigenproduktion erschienen. Für das Split Tape mit FORBIDDEN CITADEL OF SPIRIT zeichnet sich Winterreich Productions aus Australien verantwortlich. Für alle Interessierten empfehle ich erst einmal die Soundbeispiele der Website von Versets Noirs anzuhören. Für diejenigen, die Ildjarn oder Vordr sowieso schon Zuhause stehen haben, sind die beiden CDs eine gelungene Weihnachtsüberraschung.


Soundbeispiele:

Label:










Sonntag, 27. November 2011

Circle of Ouroborus


Wenn BURZUM auf JOY DIVISION trifft


"Unituli" CD, Kuunpalvelus Records

CIRCLE OF OUROBORUS ist eine relative neue Gruppe aus Finnland. Ihr erstes Demo "Introitus" von 2004 wurde auf nur 69 Stück limitiert, womit es an der Zeit für eine Wiederveröffentlichung wäre. Innerhalb von knapp sechs Jahren hat man es auf neun Vollalben, etliche Splits und Demos geschafft. Mitunter wurden einige private Editionen herausgebracht, die an Freunde und Bekannte der Gruppe gingen (wie z.B. die "Veneration"-LP / Demo). Darunter auch - ungewöhnlich für Black Metal - findet man einige Akustik-Alben mit Neofolk-Anleihen und depressivem Einschlag. 

Man will nicht so recht in die Klischeeschablone des Black Metals passen. Oder gerade wegen der Eigenständigkeit eventuell doch? 
Die Musik erinnert frappierend an die verwaschenen Gitarrenriffs vom "Filosofem" - Albums des norwegischen Vorzeige-Black-Metaller Varg Vikernes (BURZUM). Das monotone Wiederholen der Musikstrukturen wurde ebenso übernommen wie das helle Gitarrenspiel. Der Gesang lässt einen dann den Traum eines transzendenten Geistes allerdings schnell wieder austräumen. Erinnert er doch eher an einen traurig verträumten Ian Curtis zu "Warsaw" - Zeiten. Ich tendiere eher zu der Vorstellung eines depressiv - verträumten David Tibets (CURRENT 93).
Die Frage, was das mit Black Metal zu tun hat, dürfte von vielen in den Raum geworfen worden sein, die die Musik schon gehört haben. Nichts, oder doch alles? 
In Zeiten wo die Musik zum größten Teil aus Klonprodukten vorheriger Generationen besteht, stellt diese Art der Interpretation eine neue und interessante Variation des schon Bestehenden dar. Ebenso wie die "Fuck all" - Punkattitüde, die sich in der Musik von BONE AWL oder WHITE MEDAL niederschlägt, wurde hier etwas anderes konsequent weiterverfolgt. Und das ist ein Teil dessen, was den Black Metal ausmacht. So ist man über den normalen Klischeeansatz von Satan, Hitler und Pol Pott hinausgegangen und verkörpert eine melancholische, leicht depressive Klangdarstellung. Ruhig, besinnlich und irgendwie anders.

"Armon Keitaalla" 3xTape Box, Kuunpalvelus Records

Mit dieser 3xMC Box hat man wieder mehr Black Metal typische Elemente in die Musik eingebaut im Vergleich zu den letzten Veröffentlichungen. Der Gesang ist keifend und sehr mit Hall belastet, die Gitarren sind wieder vermehrt in den Vordergrund gerückt. Die melancholischen und verletzlichen Elemente der letzten Alben sind der verrauschten Aggression der Anfangstage gewichen. Trotz allem sind die Melodien sowie die Songstrukturen ähnlich geblieben, und man verzichtet auch nicht auf die allgegenwärtige Monotonie, die ein typisches Erkennungsmerkmal dieser Gruppe geworden ist. 
Da die erste Edition der Box überraschenderweise sehr schnell ausverkauft war, wird es in kurzer Zeit eine Zweitauflage geben. Es ist daher sinnlos, die Musik über eBay zu kaufen und sehr teure Preise zu zahlen, wenn man sie auch direkt vom Label bekommen kann.
Die letzte Veröffentlichung von CIRCLE OF OUROBORUS trägt den Namen "Eleven Fingers" und ist in einer limitierten Auflage von 500 Stück beim Label Handmade Birds ausschließlich auf LP erschienen.

http://soundcloud.com/kuunpalvelus 

Samstag, 19. November 2011

Rape – Rape CS f-59 Filth & Violence

Bei dem Label Filth & Violence ist der Name Programm. Mit dem Release (Nummer #59) des deutschen Projekts namens Rape (oder RxAxPxE)  treffen wieder beide Teile des finnischen Labelnamen zu: Filth and Violence. Ausgeholfen hat der finnische Starmusiker Pasi Markkula (Filth & Violence, Bizarre Uproar und gefühlte 1.000 andere Sachen). Das Artwork zeigt die Richtung, wohin die Musikalische Reise gehen soll. Ein schwarz-weiß kopierter Einleger mit nur spärlichen Informationen. Typisches DiY-Prinzip, was hier voll aufgeht. Man kennt es zudem von F&V nicht anders, selbst das Vinyl wird in gleicher Art ausgeliefert. Das Frontbild zeigt die Beine einer Frau, die wohl vergewaltigt oder zusammengeschlagen wurde. Genau sagen kann man es nicht, die Beine sind von Blutergüßen übersät. Die  Rückseite zeigt einen Ausschnitt aus einem Gemälde einer mittelalterlichen Folterszene. Das Innenbild dagegen kann ich beim besten Willen nicht interpretieren. Eine für den Power Electronics typische Gewaltorgie. 
Der Sound ist dreckig, man hört monotones Gewummere, gemischt mit verzerrtem Rauschen und vereinzelten Rückkopplungen, alles unterlegt mit wütendem Geschrei. Die Welt in "Filth-City" ist einfach noch in Ordnung. Leider ist das Ganze viel zu schnell und extrem aprupt vorbei. Auf beiden Seiten ist zudem die gleiche Musik gespielt, sodass man sich das Zurückspulen des Tapes ersparen kann. Im Gegensatz zu der vorherigen Demo-CDR von RxAxPxE sind hier keinerlei Grindcore-Einflüße oder rythmische Noise-Tracks enthalten. Man ist beim reinen Power Electronics angekommen. 
Das Tape ist (logischerweise) wieder limitiert und über Freak Animal, F&V oder vom Künstler direkt erhältlich. Für alle interessierten Noise/Power Electronics-Hörer ist das Tape sicherlich eine interessante Anschaffung, allerdings wird hier nichts Neues erfunden, sondern Altbewährtes nochmals neu präsentiert. 
 
Interview mit Ponti FX (P) geführt von aske (A):
A: Stell mal bitte dein Projekt vor.

P: RxAxPxE wurde 2005 gegründet mit dem Ziel musikalische und ästhetische Extreme auszuloten. Zu Anfang war der Sound noch sehr Beat-bezogen und tendierte wohl eher in Richtung Speedcore mit Grind-Einflüssen. In der Folge erschienen eine ganze Reihe von Tonträgern, wobei es sich vornehmlich um Split-Veröffentlichungen handelte, unter anderem mit ABSURDGOD (Jap.), COCKGUNBLAST, NOISECONCRETE und INTESTINAL DISGORGE. 2010 wurde dann das erste Full-Length-Album namens "Droning Disdain" veröffentlicht, das mittlerweile musikalisch komplett in eine andere Richtung ging und wohl am ehesten als Old School Industrial beschrieben werden könnte. 
Anschließend gab es noch ein Split Tape mit EN NIHIL und das "Rape"-Tape auf Filth&Violence. Beide letzteren Releases gingen wiederum in eine komplett andere Richtung als "Droning Disdain" und sind wohl eher in der Power Electronics/Noise-Ecke anzusiedeln. Wie man sieht, änderte sich der RxAxPxE-Sound stetig und war von Release zu Release unterschiedlich. Das hängt mit meinen persönlichen musikalischen Vorlieben zusammen, die auch stets im Wandel sind. Ich betrachte diese Wandelbarkeit aber durchaus als eine gute Sache. Projekte, die auf jedem Release gleich klingen und sich immerzu kopieren, braucht kein Mensch.

A: Was fasziniert dich so sehr an Grindcore und Power Electronics?

P: Ich denke beide Musikrichtungen haben durchaus Gemeinsamkeiten. Für mich sind das die Ehrlichkeit und die Energie, die transportiert wird. In ähnlicher Form sind diese Merkmale aber sicherlich auch bei einigen erlesenen Black Metal Bands zu finden. Trotzdem bin ich nicht auf diese Musikrichtungen beschränkt.

A: Woher kommt bei dir der Sprung von Grindcore zu Power Electronics
oder ist das eher
eine fließende Sache?

P: Ich denke eher Zweiteres. Als "Sprung" würde ich den musikalischen Wandel nicht bezeichnen, vor allem auch nicht, weil eben auch schon in den Anfangszeiten jedes Release grundlegend anders klang als das vorangehende und das nachfolgende. Der Power Electronics
-Bezug seit "Droning Disdain" erschien logisch, war aber nicht geplant.
A: Woher kommt die Faszination von dem Ganzen (Rape, S/M, Mutilation,
Splatter)?


P: Herabwürdigung und Gewalt sind grundlegende Charakterzüge des Menschen. Insoweit müssen sie gut sein, oder?

A: Wofür machst du diese Musik, ist da eine Aussage hinter oder ist das
eher so eine spontane "just for fun"-Sache?


P: Mit "just for fun" hat RxAxPxE sicherlich nichts zu tun und es gibt selbstverständlich hinter jedem Release eine Aussage, die man in der Kombination aus Titel, Lyrics und Coverart finden kann, aber die zu interpretieren Sache des Hörers ist.

A: Power Electronics
glänzt mit Provokation, inwieweit ist das Ernst gemeint und inwieweit lediglich "reine Provokation" zur Unterhaltung?

P: Ich kann natürlich nicht in die Hirne der Kollegen hineinsehen. Doch will ich hoffen, dass vieles ernst gemeint ist. Das macht die Sache doch erst interessant. Wer will denn "Fake-Musik" hören? Schwierige und unbequeme Themen aufzugreifen um der Gesellschaft gewissermaßen den Spiegel vorzuhalten halte ich für unnötig, unnütz und pseudo-intellektuell. Meines Erachtens ist das nur eine Ausrede um sich selbst über die Anderen zu erheben und sich moralisch abzusichern. Sehr armselig.

A: Siehst du einen künstlerischen Anspruch in der Arbeit oder denkst du
eher, dass das eine Ausrede vieler Musiker ist um nicht auf ihre
Interessen festgenagelt zu werden?


P: Als "Musiker" würde ich mich nicht bezeichnen. Für mich geht es im PE/Noise nur um Stimmungsvermittlung und den Transport von Emotionalität. Dass das mit Musik im ursprünglichen Sinn, die in meinen Augen alleine der Unterhaltung dient, nicht viel zu tun hat und nach mehr Beschäftigung und Partizipation verlangt, macht das Genre gerade so interessant und qualifiziert es gleichzeitig als Kunst. Allerdings eine Form von Kunst, die weit über die klangliche hinausgeht.

A: Für wen machst du die Musik? Für Leute mit gleichen Hörgewohnheiten
und Interessen oder für die Allgemeinheit um diese zu schocken oder
"wachzurütteln"?


P: In erster Linie mache ich Musik für mich selbst. Natürlich freue ich mich wenn Leuten die Kombination aus Klang und Inhalt gefällt und sich Labels für Veröffentlichungen finden, doch im Endeffekt würde ich auch weitermachen wenn sich kein Mensch dafür interessieren würde. Es geht hier um Befriedigung.

www.rxaxpxe.de

http://www.discogs.com/RAPE-RAPE/release/3095371

 

Brighter Death Now – very Little Fun 3CD/4LP Cold Meat Industry

Eine neue BDN und dann gleich eine Mammutangelegenheit von 27 Tracks. Die 3CD-Box kommt im schicken Hochglanz-Digi und einem geprägtem Slipcase daher. Die 4LP in ähnlicher Art. 
Das im Werbetext als "offensiv" angepriesene Artwork ist allerdings für heutige Verhältnisse (im Besonderen auf diese Musikrichtung bezogen) nichts Besonderes. Der Satz "The Artwork is not for people with limited brain capacity!!” scheint eher dem Kaufanreiz statt einer besorgten Warnung zu dienen. Auf dem Frontbild des Digis findet man eine Collage von gestapelten KZ-Leichen. Darüber ein Bild einer jubelnden Sportmannschaft Flaggen mit dem BDN-Logo (der Necrose, wie Herr Karmanik es selbst genannt hat) haltend. Würde das eventuell in den 80ern noch für Aufsehen gesorgt haben, dürfte das heute kein müdes Gähnen mehr hervorlocken. Ebenso das Bild des Mädchens, was vom Vater (oder einem anderen Mann) festgehalten wird, schockt nicht wirklich. Da wurde bei BDN schon anderes verwendet (wie bei der "Innerwar" z.B.). Von dem Artwork vergleichbarer Projekte wie NICOLE 12 oder TAINT mal ganz zu schweigen. 

Beim ersten Blick erscheinen 27 Tracks sehr viel, allerdings wurden sieben Lieder berücksichtigt, die bereits auf den folgenden Veröffentlichungen zu finden sind:
  • Split Proiekt Hat Destroy CDR 37
  • Hunger For Love
  • Split Coph Nia Nunsploitation 12” Slow Death
  • Split Proiekt Hat Feel / Bad 7” Bad -> The Face of God
  • BDN No Salvation 7”/10” No Salvation
  • BDN Why 12” Why
  • Never again
Für alle, die diese Veröffentlichungen versäumt haben ein erfreulicher Umstand, und da sich die Stücke gut in das Gesamtwerk einfügen, stört es auch nicht weiter. Okay, vielleicht hätte es  auch eine 2CD/3LP-Box getan; andererseits dürfte BRIGHTER DEATH NOWs "Very Little Fun" so die erste "Best-Off-Veröffentlichung" sein, die zu zwei Drittel aus Neuem besteht.

Die neuen Lieder sind wieder recht typisch Karmanik. Er nannte es einmal "Death Industrial", das besondere Merkmal ist ein überwältigender, an (Todes)Maschinen erinnernder Sound. Mit diesem Stil wird etwas gebrochen, es kommen desöfteren ambientartige Soundflächen zum Vorschein. Die einzelnen Lieder wirken sehr minimalistisch in ihren Soundquellen, es gibt in den meisten Liedern nicht viel Abwechslung, was einige Tracks etwas langgezogen wirken läßt.
Anspieltipps für die Box ist CD 1: Track 2 für die minimalistische Art und Track 9 für die "normale" maschinelle Art der Musik von BDN. Rhythmischen Techno findet man nicht auf den CDs, so dass sich die Jünger der neuen "Industrial"-Dancefloor-Bewegung sicherlich bei dieser Musik nicht wohlfühlenwird . Für alle Menschen, die sich an Atonalität und zur Not auch mal an einer Baustelle vor, über oder unter ihrer der Wohnung erfreuen können, für alle, die Geräusche wirklich lieben, sollte die Sache wiederum ganz anders liegen.

Erhältlich sind die Boxen bei Tesco-Organisation. Die 4-LP-Box ist Limitiert und sicherlich bald ausverkauft.