Sonntag, 27. November 2011

Circle of Ouroborus


Wenn BURZUM auf JOY DIVISION trifft


"Unituli" CD, Kuunpalvelus Records

CIRCLE OF OUROBORUS ist eine relative neue Gruppe aus Finnland. Ihr erstes Demo "Introitus" von 2004 wurde auf nur 69 Stück limitiert, womit es an der Zeit für eine Wiederveröffentlichung wäre. Innerhalb von knapp sechs Jahren hat man es auf neun Vollalben, etliche Splits und Demos geschafft. Mitunter wurden einige private Editionen herausgebracht, die an Freunde und Bekannte der Gruppe gingen (wie z.B. die "Veneration"-LP / Demo). Darunter auch - ungewöhnlich für Black Metal - findet man einige Akustik-Alben mit Neofolk-Anleihen und depressivem Einschlag. 

Man will nicht so recht in die Klischeeschablone des Black Metals passen. Oder gerade wegen der Eigenständigkeit eventuell doch? 
Die Musik erinnert frappierend an die verwaschenen Gitarrenriffs vom "Filosofem" - Albums des norwegischen Vorzeige-Black-Metaller Varg Vikernes (BURZUM). Das monotone Wiederholen der Musikstrukturen wurde ebenso übernommen wie das helle Gitarrenspiel. Der Gesang lässt einen dann den Traum eines transzendenten Geistes allerdings schnell wieder austräumen. Erinnert er doch eher an einen traurig verträumten Ian Curtis zu "Warsaw" - Zeiten. Ich tendiere eher zu der Vorstellung eines depressiv - verträumten David Tibets (CURRENT 93).
Die Frage, was das mit Black Metal zu tun hat, dürfte von vielen in den Raum geworfen worden sein, die die Musik schon gehört haben. Nichts, oder doch alles? 
In Zeiten wo die Musik zum größten Teil aus Klonprodukten vorheriger Generationen besteht, stellt diese Art der Interpretation eine neue und interessante Variation des schon Bestehenden dar. Ebenso wie die "Fuck all" - Punkattitüde, die sich in der Musik von BONE AWL oder WHITE MEDAL niederschlägt, wurde hier etwas anderes konsequent weiterverfolgt. Und das ist ein Teil dessen, was den Black Metal ausmacht. So ist man über den normalen Klischeeansatz von Satan, Hitler und Pol Pott hinausgegangen und verkörpert eine melancholische, leicht depressive Klangdarstellung. Ruhig, besinnlich und irgendwie anders.

"Armon Keitaalla" 3xTape Box, Kuunpalvelus Records

Mit dieser 3xMC Box hat man wieder mehr Black Metal typische Elemente in die Musik eingebaut im Vergleich zu den letzten Veröffentlichungen. Der Gesang ist keifend und sehr mit Hall belastet, die Gitarren sind wieder vermehrt in den Vordergrund gerückt. Die melancholischen und verletzlichen Elemente der letzten Alben sind der verrauschten Aggression der Anfangstage gewichen. Trotz allem sind die Melodien sowie die Songstrukturen ähnlich geblieben, und man verzichtet auch nicht auf die allgegenwärtige Monotonie, die ein typisches Erkennungsmerkmal dieser Gruppe geworden ist. 
Da die erste Edition der Box überraschenderweise sehr schnell ausverkauft war, wird es in kurzer Zeit eine Zweitauflage geben. Es ist daher sinnlos, die Musik über eBay zu kaufen und sehr teure Preise zu zahlen, wenn man sie auch direkt vom Label bekommen kann.
Die letzte Veröffentlichung von CIRCLE OF OUROBORUS trägt den Namen "Eleven Fingers" und ist in einer limitierten Auflage von 500 Stück beim Label Handmade Birds ausschließlich auf LP erschienen.

http://soundcloud.com/kuunpalvelus 

Samstag, 19. November 2011

Rape – Rape CS f-59 Filth & Violence

Bei dem Label Filth & Violence ist der Name Programm. Mit dem Release (Nummer #59) des deutschen Projekts namens Rape (oder RxAxPxE)  treffen wieder beide Teile des finnischen Labelnamen zu: Filth and Violence. Ausgeholfen hat der finnische Starmusiker Pasi Markkula (Filth & Violence, Bizarre Uproar und gefühlte 1.000 andere Sachen). Das Artwork zeigt die Richtung, wohin die Musikalische Reise gehen soll. Ein schwarz-weiß kopierter Einleger mit nur spärlichen Informationen. Typisches DiY-Prinzip, was hier voll aufgeht. Man kennt es zudem von F&V nicht anders, selbst das Vinyl wird in gleicher Art ausgeliefert. Das Frontbild zeigt die Beine einer Frau, die wohl vergewaltigt oder zusammengeschlagen wurde. Genau sagen kann man es nicht, die Beine sind von Blutergüßen übersät. Die  Rückseite zeigt einen Ausschnitt aus einem Gemälde einer mittelalterlichen Folterszene. Das Innenbild dagegen kann ich beim besten Willen nicht interpretieren. Eine für den Power Electronics typische Gewaltorgie. 
Der Sound ist dreckig, man hört monotones Gewummere, gemischt mit verzerrtem Rauschen und vereinzelten Rückkopplungen, alles unterlegt mit wütendem Geschrei. Die Welt in "Filth-City" ist einfach noch in Ordnung. Leider ist das Ganze viel zu schnell und extrem aprupt vorbei. Auf beiden Seiten ist zudem die gleiche Musik gespielt, sodass man sich das Zurückspulen des Tapes ersparen kann. Im Gegensatz zu der vorherigen Demo-CDR von RxAxPxE sind hier keinerlei Grindcore-Einflüße oder rythmische Noise-Tracks enthalten. Man ist beim reinen Power Electronics angekommen. 
Das Tape ist (logischerweise) wieder limitiert und über Freak Animal, F&V oder vom Künstler direkt erhältlich. Für alle interessierten Noise/Power Electronics-Hörer ist das Tape sicherlich eine interessante Anschaffung, allerdings wird hier nichts Neues erfunden, sondern Altbewährtes nochmals neu präsentiert. 
 
Interview mit Ponti FX (P) geführt von aske (A):
A: Stell mal bitte dein Projekt vor.

P: RxAxPxE wurde 2005 gegründet mit dem Ziel musikalische und ästhetische Extreme auszuloten. Zu Anfang war der Sound noch sehr Beat-bezogen und tendierte wohl eher in Richtung Speedcore mit Grind-Einflüssen. In der Folge erschienen eine ganze Reihe von Tonträgern, wobei es sich vornehmlich um Split-Veröffentlichungen handelte, unter anderem mit ABSURDGOD (Jap.), COCKGUNBLAST, NOISECONCRETE und INTESTINAL DISGORGE. 2010 wurde dann das erste Full-Length-Album namens "Droning Disdain" veröffentlicht, das mittlerweile musikalisch komplett in eine andere Richtung ging und wohl am ehesten als Old School Industrial beschrieben werden könnte. 
Anschließend gab es noch ein Split Tape mit EN NIHIL und das "Rape"-Tape auf Filth&Violence. Beide letzteren Releases gingen wiederum in eine komplett andere Richtung als "Droning Disdain" und sind wohl eher in der Power Electronics/Noise-Ecke anzusiedeln. Wie man sieht, änderte sich der RxAxPxE-Sound stetig und war von Release zu Release unterschiedlich. Das hängt mit meinen persönlichen musikalischen Vorlieben zusammen, die auch stets im Wandel sind. Ich betrachte diese Wandelbarkeit aber durchaus als eine gute Sache. Projekte, die auf jedem Release gleich klingen und sich immerzu kopieren, braucht kein Mensch.

A: Was fasziniert dich so sehr an Grindcore und Power Electronics?

P: Ich denke beide Musikrichtungen haben durchaus Gemeinsamkeiten. Für mich sind das die Ehrlichkeit und die Energie, die transportiert wird. In ähnlicher Form sind diese Merkmale aber sicherlich auch bei einigen erlesenen Black Metal Bands zu finden. Trotzdem bin ich nicht auf diese Musikrichtungen beschränkt.

A: Woher kommt bei dir der Sprung von Grindcore zu Power Electronics
oder ist das eher
eine fließende Sache?

P: Ich denke eher Zweiteres. Als "Sprung" würde ich den musikalischen Wandel nicht bezeichnen, vor allem auch nicht, weil eben auch schon in den Anfangszeiten jedes Release grundlegend anders klang als das vorangehende und das nachfolgende. Der Power Electronics
-Bezug seit "Droning Disdain" erschien logisch, war aber nicht geplant.
A: Woher kommt die Faszination von dem Ganzen (Rape, S/M, Mutilation,
Splatter)?


P: Herabwürdigung und Gewalt sind grundlegende Charakterzüge des Menschen. Insoweit müssen sie gut sein, oder?

A: Wofür machst du diese Musik, ist da eine Aussage hinter oder ist das
eher so eine spontane "just for fun"-Sache?


P: Mit "just for fun" hat RxAxPxE sicherlich nichts zu tun und es gibt selbstverständlich hinter jedem Release eine Aussage, die man in der Kombination aus Titel, Lyrics und Coverart finden kann, aber die zu interpretieren Sache des Hörers ist.

A: Power Electronics
glänzt mit Provokation, inwieweit ist das Ernst gemeint und inwieweit lediglich "reine Provokation" zur Unterhaltung?

P: Ich kann natürlich nicht in die Hirne der Kollegen hineinsehen. Doch will ich hoffen, dass vieles ernst gemeint ist. Das macht die Sache doch erst interessant. Wer will denn "Fake-Musik" hören? Schwierige und unbequeme Themen aufzugreifen um der Gesellschaft gewissermaßen den Spiegel vorzuhalten halte ich für unnötig, unnütz und pseudo-intellektuell. Meines Erachtens ist das nur eine Ausrede um sich selbst über die Anderen zu erheben und sich moralisch abzusichern. Sehr armselig.

A: Siehst du einen künstlerischen Anspruch in der Arbeit oder denkst du
eher, dass das eine Ausrede vieler Musiker ist um nicht auf ihre
Interessen festgenagelt zu werden?


P: Als "Musiker" würde ich mich nicht bezeichnen. Für mich geht es im PE/Noise nur um Stimmungsvermittlung und den Transport von Emotionalität. Dass das mit Musik im ursprünglichen Sinn, die in meinen Augen alleine der Unterhaltung dient, nicht viel zu tun hat und nach mehr Beschäftigung und Partizipation verlangt, macht das Genre gerade so interessant und qualifiziert es gleichzeitig als Kunst. Allerdings eine Form von Kunst, die weit über die klangliche hinausgeht.

A: Für wen machst du die Musik? Für Leute mit gleichen Hörgewohnheiten
und Interessen oder für die Allgemeinheit um diese zu schocken oder
"wachzurütteln"?


P: In erster Linie mache ich Musik für mich selbst. Natürlich freue ich mich wenn Leuten die Kombination aus Klang und Inhalt gefällt und sich Labels für Veröffentlichungen finden, doch im Endeffekt würde ich auch weitermachen wenn sich kein Mensch dafür interessieren würde. Es geht hier um Befriedigung.

www.rxaxpxe.de

http://www.discogs.com/RAPE-RAPE/release/3095371

 

Brighter Death Now – very Little Fun 3CD/4LP Cold Meat Industry

Eine neue BDN und dann gleich eine Mammutangelegenheit von 27 Tracks. Die 3CD-Box kommt im schicken Hochglanz-Digi und einem geprägtem Slipcase daher. Die 4LP in ähnlicher Art. 
Das im Werbetext als "offensiv" angepriesene Artwork ist allerdings für heutige Verhältnisse (im Besonderen auf diese Musikrichtung bezogen) nichts Besonderes. Der Satz "The Artwork is not for people with limited brain capacity!!” scheint eher dem Kaufanreiz statt einer besorgten Warnung zu dienen. Auf dem Frontbild des Digis findet man eine Collage von gestapelten KZ-Leichen. Darüber ein Bild einer jubelnden Sportmannschaft Flaggen mit dem BDN-Logo (der Necrose, wie Herr Karmanik es selbst genannt hat) haltend. Würde das eventuell in den 80ern noch für Aufsehen gesorgt haben, dürfte das heute kein müdes Gähnen mehr hervorlocken. Ebenso das Bild des Mädchens, was vom Vater (oder einem anderen Mann) festgehalten wird, schockt nicht wirklich. Da wurde bei BDN schon anderes verwendet (wie bei der "Innerwar" z.B.). Von dem Artwork vergleichbarer Projekte wie NICOLE 12 oder TAINT mal ganz zu schweigen. 

Beim ersten Blick erscheinen 27 Tracks sehr viel, allerdings wurden sieben Lieder berücksichtigt, die bereits auf den folgenden Veröffentlichungen zu finden sind:
  • Split Proiekt Hat Destroy CDR 37
  • Hunger For Love
  • Split Coph Nia Nunsploitation 12” Slow Death
  • Split Proiekt Hat Feel / Bad 7” Bad -> The Face of God
  • BDN No Salvation 7”/10” No Salvation
  • BDN Why 12” Why
  • Never again
Für alle, die diese Veröffentlichungen versäumt haben ein erfreulicher Umstand, und da sich die Stücke gut in das Gesamtwerk einfügen, stört es auch nicht weiter. Okay, vielleicht hätte es  auch eine 2CD/3LP-Box getan; andererseits dürfte BRIGHTER DEATH NOWs "Very Little Fun" so die erste "Best-Off-Veröffentlichung" sein, die zu zwei Drittel aus Neuem besteht.

Die neuen Lieder sind wieder recht typisch Karmanik. Er nannte es einmal "Death Industrial", das besondere Merkmal ist ein überwältigender, an (Todes)Maschinen erinnernder Sound. Mit diesem Stil wird etwas gebrochen, es kommen desöfteren ambientartige Soundflächen zum Vorschein. Die einzelnen Lieder wirken sehr minimalistisch in ihren Soundquellen, es gibt in den meisten Liedern nicht viel Abwechslung, was einige Tracks etwas langgezogen wirken läßt.
Anspieltipps für die Box ist CD 1: Track 2 für die minimalistische Art und Track 9 für die "normale" maschinelle Art der Musik von BDN. Rhythmischen Techno findet man nicht auf den CDs, so dass sich die Jünger der neuen "Industrial"-Dancefloor-Bewegung sicherlich bei dieser Musik nicht wohlfühlenwird . Für alle Menschen, die sich an Atonalität und zur Not auch mal an einer Baustelle vor, über oder unter ihrer der Wohnung erfreuen können, für alle, die Geräusche wirklich lieben, sollte die Sache wiederum ganz anders liegen.

Erhältlich sind die Boxen bei Tesco-Organisation. Die 4-LP-Box ist Limitiert und sicherlich bald ausverkauft.